3. Januar 2021

Überbevölkerung

In Diskussionen über die Klimakrise wird immer wieder das Argument benutzt, man müsse erst das Problem der Überbevölkerung lösen, dann ergäbe sich das mit der Klimakrise schon von alleine. Wir schauen uns das mal genau an.

Spoiler: Selbst wenn man diesen inhumanen (und in letzter Konsequenz meist rassistisch gemeinten) Ansatz sachlich betrachtet, bleibt das Fazit eindeutig.

Besonders auffällig waren 2019 in diesem Zusammenhang rassistische Bemerkungen des damaligen Schalke-Boss` Tönnies und des FDP-Politikers Kubicki. Beide nutzten eine vermeintliche Überbevölkerung in anderen Ländern als Argument gegen Klimaschutzmaßnahmen in Deutschland.

Jetzt ist es nicht besonders verwunderlich, dass die FDP jeden kleinen Strohhalm nutzt, um Desinformationen über Klimaschutz zu verbreiten. Da es jedoch immer „die anderen“ (meist im globalen Süden) sind, die zu viele sind, ist das Thema rassistisch aufgeladen.

Konsequenterweise ist das Thema dann auch Bestandteil rechter Ideologien. Der Attentäter, der 2019 im neuseeländischen Christchurch 51 Menschen erschoss, schrieb bspw. in seinem Manifest, dass er durch die Lösung der Überbevölkerung die Umwelt schützen wolle.

Aber auch deutsche Rechtsextremisten in Parteien wie der AfD und „Der dritte Weg“ haben Überbevölkerung als Ursache der Klimakrise ausgemacht (und Bevölkerungsreduktion dann als Lösung). (An dieser Stelle verzichten wir mal auf Links, um denen keine Reichweite zu geben…)

Doch was sagt die Wissenschaft dazu?

Verhindert Bevölkerungswachstum tatsächlich effektiven Klimaschutz? Wie stark wächst die Weltbevölkerung überhaupt?

Der Konsum der Industriegesellschaften ist wesentlich CO2-intensiver als der ärmerer Länder. Verursachen die reichen Länder die Erderhitzung, so haben vor allem die armen darunter zu leiden. Das Problem ist also Überkonsum und nicht Überbevölkerung!

Sehr arme Länder sind zwar meist sehr geburtenstark. ABER: Ein:e US-Amerikaner:in verursacht einer Studie zufolge so viel CO2 wie über 500 Einwohner:innen des Landes Burundi. Ein:e Deutsche:r verursacht fast 360 mal so viel wie ein:e Burundi.

All diese Pro-Kopf-Zahlen dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich hier um ein systemisches Problem handelt. Unsere wachstumsbasierte und von fossilen Energien abhängige Wirtschaftsweise ist der größte Treiber der Klimakrise.

Daher muss man auch immer – und wirklich immer – die historische Dimension der CO2-Emissionen betrachten. Falls mal wieder jemand behauptet, Dtl. verursache ja „nur“ 2% der globalen CO2-Emissionen….. #Klimagerechtigkeit

Und wie sieht das Bevölkerungswachstum allgemein aus? Geht es ungebremst weiter?

Auch, wenn man von Klimafragen absieht, stimmt die These vom explodierenden Bevölkerungswachstums schon lange nicht mehr. Vielmehr ist es so, dass das weltweite Bevölkerungswachstum abflaut. Familien bekommen bereits weniger Kinder.

Es wird erwartet, dass wir 2100 eine Geburtenrate um die 2 haben. Diese Rate wird auch „Replacement-fertility rate“ genannt. Jede Generation ist so in der Lage, sich zahlenmäßig exakt zu reproduzieren. DIES ist das Szenario, auf das wir zusteuern.

Doch was sind die Gründe, warum Frauen weniger Kinder bekommen? Bessere Bildung für Frauen, eine Verbesserung beim Zugang zu Verhütungsmitteln und mehr Frauen in der Arbeitswelt: LINK

FAZIT – es gibt (mindestens) drei Erkenntnisse:

1. Der Pro-Kopf-CO2-Ausstoß ist weltweit sehr ungleich verteilt: Die Reichsten verursachen überproportional viel CO2. Bezieht man die historischen Emissionen mit ein, sieht es noch dramatischer aus.

2. Mit steigendem Wohlstand steigt zwar der CO2-Ausstoß pro Kopf, gleichzeitig sinkt aber die Geburtenrate, wenn Frauen bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen haben. Dies ist weltweit zu beobachten. Daher gibt es kein ungebremstes weltweites Bevölkerungswachstum.

3. Neben den notwendigen drastischen CO2-Reduktionen in den Instrustrienationen muss man also dafür sorgen, dass aufstrebende Volkswirtschaften direkt den Sprung zum nachhaltigen Wirtschaften schaffen (ohne die fossile Phase).

FAZIT des FAZITS 😇

Vergesst das „Argument“, dass Klimakrise und eine angebliche Überbevölkerung voneinander abhängen oder sich gegenseitig bedingen. Diese Argumentation ist lediglich der Versuch, um sich der histor. Verantwortung zu entziehen und Rassismus zu legitimieren.