15. Juni 2021

Bundesbank: Kehrtwende oder Greenwashing?

Eine Einordnung von Jens Weidmanns Zitat vom 2. Juni 2021

Die FAZ postulierte unlängst eine Kehrtwende von Bundesbank-Chef Jens Weidmann bezüglich der Rolle von Zentralbanken im Kampf gegen die Klimakrise. Wird die EZB jetzt „grün“ und das KoalaKollektiv überflüssig?

Zwischenerfolge sollte man feiern, so auch diesen: Der Druck auf die Bundesbank hilft! Jens Weidmann scheint seine Blockadehaltung im EZB-Rat aufzugeben. Die Zentralbanken diskutieren konkrete Maßnahmen, um ihrer Verantwortung bezüglich der Klimakrise gerecht zu werden. Gut so!

Dabei ist es beachtlich, dass sich ausgerechnet Jens Weidmann mit konkreten Vorschlägen zum Klimaschutz einbringt. Allzu gut erinnern wir uns an die Anfangszeit von EZB-Chefin Christine Lagarde, als Weidmann sich schnell und eindeutig gegen Grüne Geldpolitik positionierte. Nicht umsonst hat die Deutsche Bundesbank erst vor kurzem den Best Climate Killer Award in der Kategorie der Zentralbanken für ihre Bremserrolle im EZB-Rat in Klimafragen erhalten. Kein Grund also, Jens Weidmann gleich zum neuen Klimaretter auszurufen, wie Christian Siedenbiedel von der FAZ dies tut.

Verleihung des Best Climate Killer Award in der Kategorie der Zentralbanken an die Bundesbank durch das KoalaKollektiv.

Dass der Bundesbank-Chef jetzt anmahnt, die EZB könne Klimarisiken beim Kauf von Anleihen berücksichtigen, ist ein Schritt in die richtige Richtung – wenn auch ein kleiner. Denn um sich als Vorreiter in Sachen Bekämpfung der Klimakrise feiern zu lassen, bräuchte es deutlich mehr.

Vor allem ist Geschwindigkeit gefragt, denn die Klimakrise schreitet ungebremst voran. Doch statt direkt Maßnahmen zu ergreifen und zukunftsfeindliche Sektoren von Anleihenkäufen auszuschließen, zieht Weidmann gerade mal in Erwägung, dass Zentralbanken dies tun könnten, falls Ratingagenturen Klimarisiken nicht „schnell genug“ berücksichtigen.
Lieber Herr Weidmann, es bleibt keine Zeit, auf Ratingagenturen zu warten, während sich Dürren und Überschwemmungen ausbreiten. Die Zeit zu Handeln ist jetzt!

Außerordentlich ist zudem weniger der Vorschlag Weidmanns, Klimarisiken einzupreisen, sondern eher der Skandal, dass die EZB dies bisher nicht tut. Was weiterhin fehlt, ist eine transparente Strategie, wie die EZB ihre gesamte Geldpolitik in Einklang mit dem 1,5 Grad Limit bringt.

Vielleicht handelt es sich bei Weidmanns neuesten Tönen also lediglich um einen halbherzigen Versuch, den Best Climate Killer Award im nächsten Jahr nicht noch einmal zu erhalten? Sein Kommunikationschef Michael Best sollte jedoch wissen, dass dafür mehr nötig ist als schöne Worte.
Vor allem braucht es messbare Taten und Veränderungen, die auch die Bankenrefinanzierung und aufsichtsrechtliche Maßnahmen betreffen.

Weitreichendere Ideen werden in der Finanzbranche bereits diskutiert.

Reclaim Finance, Friends of the Earth France und das Rousseau Institute veröffentlichten im Juni zudem einen neuen Bericht, der zeigt, wie die andauernde Finanzierung der Klimakrise zu einer Finanzkrise führen könnte. Und gibt Lösungsvorschläge, die insbesondere die EZB adressieren.

Ein von Greenpeace beauftragtes Rechtsgutachten der renommierten Anwältin Roda Verheyen zeigt zudem, dass Bundesbank und EZB sogar rechtlich dazu verpflichtet sind, das Klima zu schützen. Denn Klimaschutz ist ein Menschenrecht und ein Grundprinzip der Europäischen Union, ihrer Mitgliedsstaaten und ihrer Institutionen.

Fazit: Wir bleiben dran und fordern, dass verbindliche, transparente Ausschlusskriterien für zukunftsfeindliche Anlagenkäufe nicht nur vorgeschlagen, sondern noch im Rahmen der Corona-Hilfspakete umgesetzt werden.
#KillCO2vidNotOurClimate

Diesem ersten und längst überfälligen Schritt muss ein umfassender, mehrschrittiger Plan zur Ausrichtung der gesamten Geldpoltik am 1,5 Grad Limit folgen.
#ECBfossilfree